Jedes Produkt erzählt seine Geschichte

    Die Wollspinnerei Vetsch hat sich der Verarbeitung und Veredelung von Wolle verpflichtet. Mit seinen einzigartigen Schweizer Wollprodukten sowie seinem Kunsthandwerk, seiner Regionalität und Langfristigkeit auf der ganzen Wertschöpfungskette sorgt es dafür, dass die Landwirtschaft im Prättigau und darüber hinaus mehr Wertschöpfung generieren kann.

    (Bilder: zVg) Die Bündner Wollspinnerei Vetsch setzt sich aktiv für den Erhalt des Kunsthandwerkes Wolle ein. Auf dem Bild Christoph Vetsch in der Produktion.

    Die Wollspinnerei Vetsch aus Pragg-Jenaz verarbeitet von der Rohwolle bis zum fertigen Garnknäuel bis zu 15 Tonnen Wolle pro Jahr. «Wir haben uns auf die Verarbeitung von Wolle für Kleinst- und Kleinkunden spezialisiert. Dieser Bereich ist für grössere Betriebe nicht interessant», erklärt Christoph Vetsch. Er führt zusammen mit seiner Frau Jeannine mit acht Angestellten aus dem Dorf den 130-jährigien Familienbetrieb. «Bei uns kann die Kundin ungewaschene Rohwolle abgeben und erhält ein verbrauchsfertiges Strickgarn für den Hofladen.» Eine nachhaltige, lokale Produktion sowie eine grosse Portion Authentizität und Innovation bestimmen seit vier Generation die Firmenphilosophie: «Jedes Produkt erzählt seine eigene Geschichte. Bei uns kann der ganze Produktionsweg besichtigt werden – das schafft Vertrauen», sagt Christoph Vetsch. Das Graubündner KMU hat mehrere Geschäftsbereiche. So verkauft die Familie Vetsch ihre eigene Strickwollkollektion direkt an Private. «Wir arbeiten aber auch eng mit dem Fachhandel zusammen», sagt Christoph Vetsch. Ein weiteres Standbein sind Lohnaufträge für Grosskunden. «Hier spinnen wir bis zu 300kg Schweizer Wolle zu Garn, das anschliessend individuell nach den Kundenwünschen eingefärbt wird.» Und seit 2019 hat die Spinnerei aus dem Prättigau die Möglichkeit, Kleinaufträge für Private zu spinnen und so einem Tierhalter seine eigene Wolle zu einem wertvollen Strickgarn zu verarbeiten.

    Die Wolle durchläuft sehr viele Stationen im Betrieb: Die Rohwolle wird gewaschen, zu einem luftigen leichten Vlies kardiert, daraus wird ein Faden gesponnen, welcher für eine grössere Stabilität oder Strapazierfähigkeit meistens noch gezwirnt wird. Anschliessend wird das weisse Garn in der Färberei bei 95°C eine Stunde gefärbt und je nach Endaufmachung zu 50gr Knäuel oder 100gr Stangen weiterverarbeitet. Gewisse Aufträge werden in zwei bis drei Wochen abgeschlossen. Andere Arbeiten, speziell auf der Kleinspinnmaschine, durchlaufen den ganzen Betrieb. «Hier haben wir bis zu 12 Monate Lieferfrist», so der gelernte Textilveredler. «Für uns ist seit der Inbetriebnahme die Organisation dieser Kleinstaufträge eine grosse Herausforderung.»

    Miteinander statt gegeneinander
    Die Kundschaft ist breitgefächert – vom Endverbraucher, der den Fabrikladen besucht und 50 gr Wolle kauft, um eine Mütze zu stricken, über das Strickwollgeschäfte in der ganzen Schweiz bis zu Schulen und sozialen Einrichtungen, die mit Filzwolle kreativ tätig sind. «Unsere Kunden schätzen sehr, dass sie wissen, woher die Wolle kommt und wie sie verarbeitet wurde – also die Geschichte hinter unseren Produkten ist sehr gefragt und sorgt für eine gute Kundenbindung», erklärt Christoph Vetsch. Ganz wichtig ist für die Familie Vetsch die Qualität. So werden nur hochwertige Rohstoffe verwendet und nach traditionellen Werten weiterverarbeitet. Dazu Christoph Vetsch: «Natur und Umwelt haben für uns in der Verarbeitung einen sehr hohen Stellenwert. Das Resultat ist ein einzigartiges Produkt aus Naturfasern mit Schweizer Ursprung von herausragender Qualität.»

    Höchste Qualität und Swissness pur: Die Familie Vetsch verkauft im Fabrikladen ihre eigene Strickwollkollektion.

    Die Verarbeitung von Wolle dieser Nische ist mit traditioneller Handarbeit verbunden und das hat natürlich seinen Preis: «Wir können und wollen nicht mit den Billigprodukten mithalten. Unsere Kunden suchen das Spezielle, hier in der Schweiz verarbeitetes Strickgarn, bei dem jeder Schritt nachvollziehbar ist. Dafür zahlen sie auch gerne den geforderten Preis.»

    Die Produkte aus dem Prättigau sind einzigartig und das Familienunternehmen ist mit seiner offenen Art und seinen langfristigen und partnerschaftlichen Kundenbeziehungen sehr geschätzt. «Es gibt nicht mehr viele Textilbetriebe und wir legen grossen Wert darauf, dass wir nicht gegeneinander Arbeiten, sondern jeder seine Spezialität bewahren kann. Das hilft der ganzen Branche», betont Vetsch. Mit seinem kompletten Wollverarbeitungsprozess ist der Familienbetrieb einmalig in der Schweiz und trägt wesentlich dazu bei, dass Landwirtschaftsbetriebe in der Region zusätzliche Produkte herstellen und so mehr Wertschöpfung generieren können.

    Zudem arbeitet das KMU häufig mit Künstler und Künstlerinnen zusammen und versucht mit seinen Möglichkeiten, deren Ideen in die Tat umzusetzen. «Das gelingt uns nicht immer, aber die Möglichkeiten des Rohstoffes Wolle sind unglaublich vielseitig.»

    Gesamte Kette der Woll­verarbeitung stärken
    Momentan sind nachhaltige Rohstoffe in der Handarbeitsbranche gefragter denn je. Das Kaufverhalten der Leute hat sich infolge Corona sowie des Ukrainekrieges stark verändert. «Wir profitieren stark davon. Gerade was Nachhaltigkeit, Swissness und Lieferengpässe betreffen, haben wir als lokaler Produzent grosse Vorteile», betont der Spinnereiinhaber. Doch auch im Prättigau ist die Beschaffung von lokalen Rohmaterialien nicht immer einfach. «Hier ist eine stärkere Zusammenarbeit der Wolllieferanten ein grosses Thema. Welche Wolle ist für uns geeignet und wie kann der Lieferant für den Mehraufwand entschädigt werden», so Christoph Vetsch. Er ist vom Zukunftspotenzial seines Nischenbetriebes überzeugt und hat noch zahlreiche Pläne – gerade was die Möglichkeiten der Kleispinnmaschine betrifft, deren Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist. «Das grosse Bedürfnis nach lokaler Wolle bietet hier spannende Chancen.» Zudem wollen die Bündner Wollspinner die Zusammenarbeit der gesamten Kette der Wollverarbeitung stärken. «Die Natürlichkeit unserer Produkte und unser ökologisches Bewusstsein zielen auf die ganze Wertschöpfungskette ab.»

    Corinne Remund

    www.wollspinnerei.ch


    PRIX DE MONTAGNE

    Eine grosse Portion Motivation

    Letztes Jahr war ein besonderes Jahr für die Wollspinnerei Vetsch. Sie wurde mit dem 40’000 Franken dotierte Prix Montagne 2023 ausgezeichnet. Für Jurypräsident Bernhard Russi ein würdiges Gewinnerprojekt: «Ohne die Wollspinnerei Vetsch müssten viele Landwirtschaftsbetriebe ihre Wolle ungenutzt wegwerfen. Die Spinnerei ist für die Region unentbehrlich und bewahrt ein traditionelles Handwerk – ein absolut verdienter Sieger.» Für Christoph und Jeannine Vetsch mit ihrem Team ist diese Auszeichnung eine grossartige Wertschätzung für die Arbeit und den Einsatz von vier Generationen: «Es motiviert uns aber auch weiterhin, diesen nicht immer einfachen Weg weiter zu verfolgen.» Gesamthaft haben sich 56 Projekte aus allen Landesteilen für den Prix Montagne beworben, der von der Berghilfe und von der Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete vergeben wird. Seit 2017 kommt die Mobiliar Versicherung zusätzlich für die 20’000 Franken auf, die es für den Publikumspreis gibt.

    CR

    www.prixmontagne.ch

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